Umsätze der deutschen Küchenhersteller 2018

Vor der Tortenschlacht

Speziell die großen Küchenmöbler wurden im letzten Jahr nochmal größer. Doch nicht nur die. Die mittlerweile fünfte INSIDE Küchen-Hitliste zeigt: Der Markt der Küchenbauer bleibt in Bewegung.

Nach den Turbulenzen 2016 und 2017 rund um die Alno-Insolvenz war auch 2018 wieder ein recht diffuses Küchenjahr. Im deutschen Handel mit Küchenmöbeln (VK-Umsatz inkl. Mehrwertsteuer) ging der Umsatz den Nürnberger Marktforschern von der GfK zufolge um 3,8 Prozent zurück. Dagegen stieg der Umsatz der Küchenmöbelhersteller – wegen der Nachwirkungen des Alno-Desasters, aber auch durch die anhaltenden Bemühungen im Export – um 6,3 Prozent auf 4,911 Mrd Euro. Mit +8,1 Prozent auf 1,986 Mrd Euro fiel das Wachstum im Ausland höher aus als im Inland, wo der Umsatz um 5,1 Prozent auf 2,925 Mrd Euro stieg. Machte einen Exportanteil von gut 40 Prozent.

Wie groß die Großen inzwischen sind, das sieht man ganz gut im obenstehenden Tortendiagramm. Zu den gut 4,9 Mrd Gesamtumsatz steuert Nobilia schon über ein Viertel bei. Die Top 5 zusammen machen 61 Prozent des Produktionsumsatzes aus, die Größten zehn sogar mehr als 70 Prozent. Stellt sich die Frage, wer bei solchen Größenverhältnissen mehr zittern muss: Die sich zunehmend konzentrierende Industrie oder der sich mehr und mehr konzentrierende Handel.

Nochmal neu ordnen, das haben nicht nur wir Outsider seit dem letzten Jahr immer wieder gepredigt, wird der Markt sich dann, wenn ab Ende 2020 ein Batzen neuer Produktionskapazitäten ans Netz geht. Die wollen schließlich gefüllt werden und schon wird die Schlacht um die Kuchenstücke weitergehen. Da baut Häcker bis Herbst 2020 in Venne, Nobilia lässt in Saarlouis und auch in OWL die Bagger rollen, Schüller stockt am Stammsitz ordentlich auf, bei der Baumann- Gruppe ist man in den letzten Zügen des größten Investitionspakets der Unternehmensgeschichte, und auch bei Nolte ist ein Werksneubau im Gespräch – vielleicht sogar außerhalb von OWL. Gebaut wird auch bei Leicht im Umkreis von Waldstetten oder bei Rotpunkt – und dann gibt es ja auch noch Kapazitäten, die man mit der deutschen Brille vielleicht gar nicht so im Blick hat. So zieht beispielsweise der britische Küchenbauer Wren Kitchens für 120 Mio Pfund Werk Nummer vier hoch und schafft damit 1.200 neue Arbeitsplätze. Das ist schon eine Hausnummer, die mit den hierzulande geplanten Kapazitätserweiterungen mithalten kann.

Eine Neuordnung haben wir auch für unsere INSIDE Küchen-Hitliste vorgenommen, die die Top-10-Küchenbauer mit Hauptsitz in Deutschland darstellt. Wie immer basiert das Ranking bei uns auf den Umsätzen nach Erlösschmälerungen, die bei einigen Firmen erheblich von den eigenen Meldungen abweichen. Dass gerade bei den ganz Großen nicht unerhebliche E-Geräteumsätze mit einfließen, sollte man im Hinterkopf haben.

Selbst wenn die Unternehmen es in ihrer Außendarstellung selbst nicht tun – der Markt blickt auf Nobilia und Pino seit dem Zukauf des Ex-Alno- Werks durch eine „Investorengruppe um Nobilia“ als Ganzes, und auch Impuls hat ja seit letztem Jahr größtenteils dieselben Gesellschafter wie Schüller. Da Burger und Bauformat, Nolte Küchen und Express seit jeher in einen Topf geworfen werden, ist es nur logisch, das auch für die neu formierten Gruppierungen zu tun. Das wirkt sich dann unmittelbar auf die Plätze 2 bis 4 aus. Da Impuls im Schüller-Umsatz inkludiert ist und Poggenpohl 2017 und 2018 nicht nur massiv geschrumpft ist, sondern im Konzernumsatz zu einem nicht unerheblichen Teil auch Handelsumsätze enthalten sind, sind seit der letzten Küchen-Hitparade auf den unteren Plätzen zwei Unternehmen nachgerückt.

Die INSIDE-Hitliste

1 Nobilia: Unangefochten

Beim wachstumsverwöhnten Branchenkönig Nobilia legte der Industrieumsatz im vergangenen Jahr abermals um 9,1 Prozent zu und erreichte 1,228 Mrd Euro. 6,6 Prozent betrug das Plus im Inland. Das Hauptwachstum kam also aus dem Ausland und hatte wohl gar nicht so viel mit der Pleite von Wettbewerber Alno zu tun. Der Gesamtumsatz der Nobilia- Unternehmensgruppe Unternehmensgruppe, einbezogen die eigenen Retail-Aktivitäten im Ausland, lag bei 1,378 Mrd Euro, was aber nicht Gegenstand unseres Rankings sein soll. Addiert haben wir dagegen erstmals den Umsatz der 2017 erworbenen Beteiligung Pino, die im letzten Jahr 60 Mio Euro erreicht hat. Macht nach Adam Riese 1,288 Mrd Euro.

2 Schüller: Aufgeschlossen

Die neue Nummer zwei der Branche hat sich diese Position mit der Übernahme von Impuls und Puris Bad vor einem Jahr verdient. Genau genommen war es nicht Schüller, sondern die Schüller- Gesellschafter Markus Schüller, Max Heller und Manfred Niederauer gemeinsam mit Impuls-Geschäftsführer Georg Billert, die im Sommer 2018 die Gunst der Stunde genutzt haben. Wie Nobilia und Pino treten beide Firmen ja komplett getrennt voneinander im Markt auf. Für Schüller allein meldete man für 2018 einen ungeschmälerten Umsatz von 504 Mio Euro. Das dürfte einem Wert nach Erlösschmälerungen von knapp 430 Mio Euro entsprechen. Im Vorjahr hatten wir mit der Schätzung von 380 Mio Euro eine Punktlandung hingelegt. Erneut ein sattes Plus also für Schüller. Hinzu kommen dann noch die Umsätze von Impuls und Puris, die man in Brilon bis zum Redaktionsschluss noch nicht veröffentlichen mochte. Durchgesickert ist nur: Die für Impuls im Kalenderjahr geplanten 160 Mio Euro vor Erlösschmälerungen wurden übertroffen. Trotz der Steinhoff-Wehen spricht Geschäftsführer Georg Billert nämlich von einem „Superjahr“. Bei geschätzt 170 Mio ungeschmälerten Umsatzmillionen kann man nach Erlösschmälerungen von 120 Mio Euro ausgehen. Puris dürfte ebenfalls nochmal 60 bis 80 Mio Euro bringen, schätzen wir also mal 200 Mio Euro für beide zusammen. Gemeinsam mit Schüller entspräche das dann nach Erlösschmälerungen 630 Mio Euro Küchen- und Badmöbelumsatz. Eine starke Gruppe, die sich da formiert.

3 Häcker: Sattes Plus

602 Mio Euro vor Erlösschmälerungen konnte Häcker Küchen für 2018 vermelden. Das wären nach INSIDE- Schätzungen nach Erlösschmälerungen knapp 490 Mio Euro – eine Steigerung von fast 10 Prozent. Trotz dieser Schrittzahl wird man sich in Rödinghausen ziemlich strecken (oder auch zukaufen) müssen, wenn der zweite Platz wieder erreicht werden soll.

4 Nolte/Express: Die oft Unterschätzten

In Summe sind Nolte Küchen und Express Küchen, die beiden Küchengesellschaften der Germersheimer Nolte- Gruppe, zuletzt bei knapp über 430 Mio Euro Umsatz gelandet. Konsolidiert und nach Erlösschmälerungen, wie INSIDER wissen. 330 Mio (ohne die Umsätze mit Zulieferteilen für Express) entfallen auf Nolte Küchen, Express hat im letzten Jahr die 100-Mio-Marke geknackt. Der Montagebetrieb aus Melle zählt zu den Gewinnern der Pino-Wellmann-Insolvenzen 2017, hat vor allem von der Lücke profitiert, die Wellmann hinterließ. Eng werden auch bei Noltes langsam die Kapazitäten. Bislang konnten die Engpässe noch mit Samstagsarbeit und Überstunden aufgefangen werden. Mittelfristig hat man aber auch in Löhne Pläne, ein neues Werk zu bauen, vorzugsweise in OWL. Auch ein Alternativstandort wie Brandenburg ist jedoch nicht ausgeschlossen. Überstürztes Handeln, sagte Geschäftsführer Manfred Wippermann vor einiger Zeit, sei allerdings angesichts des für dieses Jahr erwarteten nur moderaten Marktwachstums nicht angesagt.

5 Baumann-Gruppe: Schritt für Schritt

Schrittweise aufwärts ging es in den vergangenen Jahren für die Baumann-Gruppe mit ihren Marken Bauformat und Burger. 240 Mio Euro Faktura-Umsatz (+9,7 Prozent) rechnet Vertriebsgeschäftsführer Matthias Berens für das Kalenderjahr 2018 vor, 247 Mio Euro (+5 Prozent) waren es im Geschäftsjahr 2018/2019, das am 31. März geendet hat. Davon entfielen auf Bauformat 64 Mio, auf Burger 175 Mio und die Badmöbelsparte Badea 8 Mio Euro. Nach Abzug von Erlösschmälerungen kam die Gruppe im abgelaufenen Geschäftsjahr etwa auf 210 Mio Euro und hat Platz 5 mit ausreichendem Sicherheitsabstand nach oben und unten gehalten.

6 Leicht: Expansionsbedürftig

Mit Luxusproblemen, nämlich zu vielen Aufträgen, hatte nach der Allmilmö-Zeyko-Alno-Pleite der württembergische Markenhersteller Leicht zu kämpfen. Das ausgedehnte Sommerloch und Kapazitätssteigerungen trugen dazu bei, dass Leicht die Lieferzeiten zum Jahresende wieder im Griff hatte. Spätestens, wenn Ende nächsten, Anfang übernächsten Jahres das neue Werk im Gewerbepark Gügling- Nord bei Schwäbisch-Gmünd anläuft, dürfte endgültig ein Haken an dem Thema sein. 40 Mio lässt sich Inhaberfamilie Welle-Erdmann das Projekt kosten. Umsatztechnisch hat Leicht 2018 um rund 8 Prozent auf 148 Mio Euro zugelegt, sowohl im In- als auch im Ausland.

7 Bulthaup: Herausforderung China

Rund 10 Prozent Umsatzminus musste die Edelküchenschmiede Bulthaup aus Aich im vergangenen Jahr hinnehmen, was vor allem einer Verschiebung von Projekten in China und Taiwan geschuldet war. Wegen der politischen Großwetterlage stoppten Bauträger in China Projekte teilweise vorerst, um sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzunehmen, heißt es aus Aich. Vor Erlösschmälerung kam Bulthaup 2018 auf 125,4 (139,4) Mio Euro, nach Erlösschmälerungen waren es 118,1 (130,6) Mio Euro. Auch die Ergebnissituation litt: Nach 24,3 Mio Euro im Vorjahr wurde ein Vorsteuerergebnis von 13,1 Mio Euro erreicht. Beim Vorjahresvergleich muss man aber auch sehen, dass 2017 der mit Abstand höchste Projektumsatz der Firmengeschichte erzielt worden war und es bei objektlastigen Märkten immer mal Ausschläge nach oben oder unten gibt. Bulthaup-Chef Marc Eckert will das China-Geschäft neu ausrichten.

8 Ballerina: Zwei nach oben

Seit Jahren auf der Gewinnerseite, noch gar nicht so lange in den Top 10, doch harter Einsatz zahlt sich aus. Das vor Jahren gesteckte Ziel, der Größte unter den Kleinen zu werden, ist längst getoppt. Eine Mischung aus eigenem Verdienst und den Neuordnungen im Markt hat dazu geführt, dass sich die Rödinghausener 2018 um zwei Plätze nach oben arbeiten konnten. Bei netto 92,5 Mio Euro lag der Umsatz im vergangenen Jahr. „Für 2019 planen wir ca. 96 Mio Euro“, so Ballerina-Frontfrau Heidrun Brinkmeyer. Vor drei Jahren hat Ballerina ein Investitionspaket von 16 Mio Euro losgetreten, das nahezu umgesetzt ist. In der Vorfertigung wurde auf Stückzahl 1 umgestellt und in eine neue Unter- und Hängeschranklinie investiert (INSIDE 1036). Mit dem Umsatz kann es also weiter nach oben gehen. 25 bis 30 Prozent Wachstum geben die neuen Kapazitäten her.

9 Rotpunkt: Unterm Radar

Nach jeweils knapp zweistelligem Wachstum in den Vorjahren ist Rotpunkt Küchen auch 2018 um knapp 10 Prozent gewachsen. Ziemlich genau 70 Mio Euro wurden erreicht. Eine Größenordnung, die man größtenteils wahrscheinlich gar nicht auf dem Schirm hat. Durchaus stolz ist man in Bünde darauf, dass die 70 Mio nur mit Holz und nicht mit Geräten gemacht werden. Erlösschmälerungen spielen aufgrund des hohen Auslandsanteils von über 80 Prozent und der minimalen Zusammenarbeit mit Verbänden nur eine geringe Rolle. Der Bundesanzeiger verrät: 66,1 (Vorjahr 60,1) Mio Euro Umsatz waren es 2018 nach Erlösschmälerungen. Das kontinuierliche Plus hat auch bei Rotpunkt zu Expansionsbedarf geführt. Der Neubau einer Halle in Getmold für die Vorfertigung wurde vor einem Jahr abgeschlossen. InInzwischen wurden in Bünde Nachbargrundstücke angekauft. „Logisch haben wir Planungen, wie die Fabrik sich dort weiterentwickeln soll“, sagt Geschäftsführer Andreas Wagner. Mit dem, was dort passieren soll, ist er aber zurückhaltend, weil das Genehmigungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist und in dem Mischgebiet letztlich auch Anwohner von dem Expansionsdrang des Küchenbauers betroffen sind. Angebaut werden soll wohl eine 6.000 bis 7.000 qm große Halle, die vor allem als Lager dient und den Montagebereich entlasten soll. Aber auch der Bau einer neuen Hausausstellung steht auf der Agenda.

10 Pronorm: Aufsteiger

Im letzten Jahr unter der Ägide von Langzeit-Geschäftsführer Heinz Hachmeister, der von Nobia bis Mandemakers einiges erlebt hat, hat Pronorm doch tatsächlich den Einzug in die INSIDE- Top-10 geschafft, was zugegebenermaßen vor allem den vorgenommenen Änderungen in der Zuordnung zu verdanken ist. Einen Rechnungs-Nettoumsatz von 75 Mio Euro gibt man aus Vlotho durch. Das sind rund 60 Mio Euro nach Erlösschmälerungen. Ein weiteres leichtes Plus ist für 2019 geplant.

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