Die Zusammenstellung der zehn umsatzstärksten deutschen Küchenbauer, unsere mittlerweile siebte INSIDE Küchen-Hitliste, ist inzwischen zur Tradition geworden. Um Vergleichbarkeit herzustellen, werden nur die Umsätze nach Erlösschmälerungen berücksichtigt.
Mehr Kapazitäten, mehr Aufträge, höhere Preise, Beschaffungsstress und lange Lieferzeiten, das sind die Themen des Jahres 2021. Abgezeichnet haben sie sich seit dem letzten Sommer. 2020 hat die Mehrheit der deutschen Küchenbauer nach dem ersten Corona-Schock wider Erwarten mit einem guten Plus abgeschlossen. Das Wort Krisengewinner darf man hier wohl guten Gewissens benutzen.
Allmählich sind sie am Markt, die neuen Kapazitäten in der Küchenmöbelindustrie. Die neuen Werke von Häcker in Ven-ne und Leicht in Gügling machten den Anfang, Nobilia in Saarlouis folgte, bei Schüller steht die Kapazitätserweiterung kurz vor dem Abschluss, gebaut wird bei Nolte, Impuls, Rotpunkt, Ballerina, Pronorm, Burger und so weiter und so weiter. Allein: Die erwarteten Überkapazitäten, die auch wir an dieser Stelle das ein oder andere Mal angemahnt haben, sind bislang ausgeblieben. Woran liegt’s? Zum einen wohl an der oben erwähnten guten Küchenkonjunktur. Im Inland, aber gerade im laufenden Jahr auch im Ausland. Und zum anderen waren viele Küchenbauer mit ihrer technischen und personellen Auslastung schlicht am Anschlag. Mit den neuen Werken werden bestehende entlastet und Nadelöhre beseitigt. Bleibt noch die Frage, ob es auch 2022 weiter bergauf geht.
2020 hat die deutsche Küchenindustrie laut amtlicher Statistik mit einem Umsatzplus von 4,5 auf 5,26 Mrd Euro abgeschlossen. Im letzten Jahr kam das Wachstum mit 7,8 Prozent speziell aus dem Inland, während der Exportumsatz stagnierte. Die Branche zählte zuletzt 47 Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten, in denen zusammen 16.874 Personen tätig waren. Im Vergleich zur Hitliste 2019, die wir im vergangenen Herbst veröffentlicht haben, gab es an zwei Stellen Veränderungen: Auf Platz 3 steht nun, da sind wir sicher, die Nolte-Gruppe, die wir im Vorjahr ein wenig unterschätzt hatten. Zudem ist Ballerina-Küchen auf den siebten Platz aufgerückt.
Auch für 2020 hat Marktführer Nobilia wieder ein beeindruckendes Zahlenwerk vorgelegt und seinen Vorsprung unangekratzt gehalten. Wir erinnern uns: In Verl hatten sie 2020 alles gegeben, um lieferfähig zu bleiben, haben auch während der Lockdowns geliefert wie ein Uhrwerk und sicher auch mit dem Versprechen, die Preise bei gleichem Umsatz für die jeweiligen Händler stabil zu halten, den Beliebtheitsgrad weiter gesteigert. Im Inland sind für Nobilia inzwischen die Küchenfachhändler mit 47 Prozent Umsatzanteil der stärkste Vertriebsweg vor den Einrichtungshäusern mit 41 Prozent.
Insgesamt hat Nobilia den Umsatz 2020 um 6,4 Prozent auf 1,37 Mrd Euro ausgebaut, den Inlandsumsatz um 9,9 Prozent und den im Export um 2,8 Prozent. Zählt man die Beteiligung Pino hinzu, so kann man von 1,425 Mrd Euro ausgehen.
Investiert wurden im vergangenen Jahr 134 Mio Euro, ein großer Teil davon in die neuen Werke in Saarlouis und Gütersloh-Spexard. Saarlouis wurde im Frühjahr mit großem Bahnhof in Betrieb genommen (INSIDE 1113).
Deutlich überm für ein Krisenjahr ohnehin schon bemerkenswerten Branchenschnitt konnte Schüller zulegen. In Herrieden konnten sie den ungeschmälerten Nettoumsatz 2020 um amtliche 8,4 Prozent auf 600,8 (Vorjahr: 554) Mio Euro steigern.
Nach Erlösschmälerungen verorten wir die Mittelfranken fürs vergangene Jahr bei knapp 510 Mio Euro. Seit 2018 sind die Schüller-Gesellschafter bekanntlich auch an Impuls Küchen und Puris Bad beteiligt. Impuls hat 2020 wie im Vorjahr vor (!) Erlösschmälerungen knapp 170 Mio Euro umgesetzt, Puris Bad ist etwas gewachsen und kam auf über 75 Mio. Wir gehen für beide gemeinsam von rund 170 Mio Euro nach Erlösschmälerungen aus (und korrigieren damit unsere eigene Einschätzung im Vorjahr nach unten).
In Summe müssten es Schüller, Impuls und Puris auf etwa 680 Mio Euro gebracht haben. Sowohl in Mittelfranken als auch im Sauerland werden gerade amtliche Investitionspakete umgesetzt, die in den nächsten Monaten einiges bewegen werden.
Den Umsatz fürs Jahr 2019 – das haben wir im letzten Jahr schon im Umfeld der Messe erfahren – haben wir bei den Schwesterfirmen Nolte Küchen und Express Küchen ein wenig unterschätzt. Traditionell sagt die Gruppe wenig zum Umsatz. Und traditionell melden sich Leute in der Redaktion, die die in der Hitliste aufgeführten Nolte-Umsätze für viel zu hoch halten. Wir bleiben hart. Und stufen die Löhner noch weiter hoch.
Nach korrigiert rund 500 Mio Euro im Vorjahr haben die Küchenaktivitäten der Familie Nolte im Jahr 2020 rund 545 Mio Euro erreicht. Es wäre noch mehr geworden, hätten die Kapazitäten das hergegeben, denn der Auftragseingang lag sogar zweistellig im Plus.
Bei Häcker Küchen stand das Jahr 2020 im Zeichen der Inbetriebnahme eines völlig neuen Werksstandorts, dem rund 30 Kilometer entfernten Venne.
Das fünfte Werk ging im August in Betrieb. Mit einem Umsatzplus von 4,9 Prozent auf 646 Mio Euro (vor Erlösschmälerungen) hat auch Häcker Küchen das vergangene Jahr etwas besser abgeschlossen als der Gesamtmarkt. Und besser als das Vorjahr, obwohl man in Rödinghausen lockdownbedingt die Produktion außerplanmäßig gestoppt hatte. INSIDE-Schätzung für den Umsatz nach Erlösschmälerungen: 520 Mio Euro und damit zweitgrößtes Einzelunternehmen im Markt.
Nach einem Plus von 3 Prozent im Vorjahr konnte die Baumann-Gruppe ihren Umsatz im Kalenderjahr 2020 um knapp 6 Prozent auf 269,4 (254,5) Mio Euro vor Erlösschmälerungen verbessern. Nach Erlösschmälerungen dürfte der Umsatz des fünftgrößten deutschen Küchenbauers bei knapp 230 (Vorjahr: 215) Mio Euro gelegen haben.
Die ostdeutsche Tochterfirma Burger kam ungeschmälert auf 195,2 Mio Euro, das war ein Plus von etwa 6,5 Prozent. Bauformat in Löhne erreichte mit 64,5 Mio Euro ein Umsatzplus von 2,5 Prozent. Deutlich legte die Badmöbelschiene Badea zu, die im Kalenderjahr 9,7 (8) Mio Euro Umsatz erwirtschaftete. Das Geschäftsjahr der Baumann Group endet erst am 31.3., für 2020/2021 kam die Gruppe hier ungeschmälert auf 274,7 Mio Euro. Dieser Umsatz verteilte sich so auf die Einzelunternehmen: Bauformat 65,5 Mio Euro, Burger 199,1 Mio Euro und Badea 10,1 Mio Euro.
Im Sommer 2020 nach der Unternehmensentwicklung befragt, antwortete Leicht-Küchen-Chef Stefan Walden-maier, dass er im Gesamtjahr einen Umsatzrückgang von 9 Prozent erwarte. Nun ist das Jahr geschafft, in Gügling ist das nagelneue Montagewerk angelaufen – und Leicht hat trotz seines hohen Exportanteils von etwa 60 Prozent deutlich besser abgeschlossen als befürchtet. Mit 145 Mio Euro netto nahm der Umsatz gegenüber den beiden Vorjahren (jeweils 148 Mio Euro) leicht ab – um etwa 2 Prozent. Sowohl im Inland als auch im Export lief bei Leicht das Einzelküchengeschäft sehr gut, während sich das Volumengeschäft negativ entwickelte.
Das leichte Minus von 2020 wird Leicht in diesem Jahr mehr als ausgleichen. Schon im Spätsommer lag das Unternehmen bei Umsatz und Auftragseingang um 20 Prozent im Plus. Was soll da noch schiefgehen!?
Mit einer Umsatzsteigerung um 8,2 Prozent hat Ballerina-Küchen im letzten Jahr erstmals einen dreistelligen Millionenumsatz eingefahren. Gut 105 Mio Euro standen 2020 in den Büchern. Ballerina rückt damit – wenn auch knapp – einen Platz nach oben im Ranking der zehn Größten und steht erstmals an siebter Stelle. Wie auch der Gesamtmarkt hat Ballerina seinen Inlandsumsatz im vergangenen Jahr (62,6 Mio Euro) stärker gesteigert als den Export (42,5 Mio Euro).
Der hohe Auslandsanteil war es, der dem Premiumküchenbauer Bulthaup im Corona-Jahr 2020 in die Parade gefahren ist. Genauer gesagt: Die Lockdowns in wichtigen Auslandsmärkten. „Sowohl der erste als auch der zweite Lockdown hatten Auswirkungen auf alle Absatzmärkte. Die mitteleuropäischen Märkte kamen überwiegend gut durch die Krise und profitierten von den verstärkten Investitionen der Konsumenten in das Eigenheim. Den Süden Europas hat es dagegen im Retail- und Projektgeschäft stärker getroffen. Ebenso Asien und USA, wo zusätzlich zu den Lockdowns politische Unsicherheit herrschte. Zudem führten die Covid-19-Beschränkungen zum Stillstand vieler Großbaustellen und somit des Projektgeschäfts“, heißt es aus Aich. Durch die genannten Schwierigkeiten brach der fakturierte Umsatz 2020 auf 104,4 (Vorjahr: 122,9) Mio Euro ein. Nach Abzug von Erlösschmälerungen ergab das einen Nettoumsatz von 99,5 Mio (2019: 117,5) Euro und ein Ergebnis vor Steuern von 10,5 Mio Euro, mit dem sich die Edelküchenschmiede in Anbetracht der pandemiebedingten Einschränkungen in allen Ländern durchaus zufrieden gibt.
Die Lage im laufenden Jahr ist zweigeteilt: „Im ersten Halbjahr 2021 haben sich unsere europäischen Kernmärkte, abhängig von den jeweiligen Corona-Lockerungen, unterschiedlich erholt. Der anhaltende Trend zur Neugestaltung oder zum Bau eines Eigenheims, der Start neuer Bulthaup-Partner und die Stärkung der etablierten Partner durch den Aufbau von Units, die Service-Leistungen übernehmen, haben zu einem Aufschwung der Umsätze in den zentraleuropäischen Märkten geführt. Auch in den USA steigt die Kundenfrequenz langsam wieder an. In Asien hingegen mussten aufgrund der vierten Corona-Welle und der noch zu niedrigen Impfquote viele Baustellen erneut geschlossen werden. Insgesamt gehen wir von einer positiven Entwicklung des Retailgeschäfts in 2021 aus. Auch das Projektgeschäft wird anziehen. Dies jedoch unter der Voraussetzung, dass die Bauten trotz der Materialknappheit und damit einhergehenden Lieferverzögerungen noch in diesem Jahr fertiggestellt werden können.“
Mit dem letzten Punkt spricht das Unternehmen ein Problem an, das sich auch auf dem deutschen Markt noch als Schwierigkeit für die Branche entpuppen könnte. Auch im Einzelhandel verkaufte Küchen werden schließlich häufig in Neubauten installiert – die dann auch fertig sein sollten.
Lieber heute als morgen die Kapazitäten erweitern – über einen langen Zeitraum hat Rotpunkt Küchen mit der Bürokratie gekämpft, in diesem Sommer gab es endlich grünes Licht, dass der Genehmigungsantrag für eine Erweiterung am Stammsitz Bünde gestellt werden konnte. 2020 lag der Investitionsschwerpunkt in der Fertigstellung der neuen C-Teile-Fertigung im Werk Preußisch Oldendorf.
Auch bei Rotpunkt verlief 2020, das Jahr des 90. Firmengeburtstags, deutlich positiver, als zu Pandemiebeginn befürchtet. Der Umsatz stieg um 4 Prozent auf 70,4 Mio Euro nach Erlösschmälerungen. Vor allem der Inlandsmarkt (+20 Prozent) legte zu. Im Export entwickelten sich Frankreich (+25 Prozent), Dänemark (+22 Prozent) und Belgien (+4 Prozent) sehr gut, während der UK-Umsatz um 9 Prozent einbrach. Auch 2021 wird wohl mit einem guten Umsatzzuwachs enden.
Die DMG-Tochter Pronorm als Fachhandelsspezialist hat das Jahr 2020 mit einem satten Umsatzplus von 13,9 Prozent abgeschlossen. Etwa mit der Geschwindigkeit ging es auch im bisherigen Verlauf von 2021 weiter. Per Ende August lag der Auftragseingang um 13 Prozent über dem Vorjahr, so dass wohl auch das Jahr 2021 mit einem zweistelligen Plus enden wird. Ausgehend von 59 Mio Euro nach Erlösschmälerungen 2019 dürfte Pronorm im letzten Jahr auf 67 Mio Euro gekommen sein. Damit ist Pronorm dicht dran an der Nummer neun. Hauptabsatzmärkte des Küchenbauers aus Vlotho sind Deutschland, Benelux, UK und die Schweiz, in denen es überall gut voranging. Auch das Asiengeschäft entwickelt sich wieder gut.
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