Der Gerätehersteller Oranier aus Haiger hatte im März den besten Auftragseingang der Unternehmensgeschichte. Oraniers Ass im Ärmel: Sie sind lieferfähig.
Nicht nur die Branchen- Zeitungen sind voll von Infos zum Thema Preissteigerungen und Lieferverzögerungen bei Hausgeräten. Die Problematik ist längst in der Publikumspresse und so auch beim Endkunden angekommen. In der Osterausgabe der Süddeutschen Zeitung spricht auch Albrecht Hornbach, Chef der Baumarktkette Hornbach, über die Thematik. Und sagt auch: „Das wird das Jahrzehnt des Zuhauses.“ Diese Kombination führt dazu, dass Hersteller, die in den letzten Jahren unter dem Radar geflogen sind, nun zeigen können, was sie beherrschen.
„Genau diese Situation ist unsere Chance. Wir können 90 Prozent unseres Sortiments innerhalb einer Woche liefern. Wir waren immer der Auswechselspieler, der auf der Bank saß. Nun sind wir auf dem Spielfeld und können uns beweisen“, so Nikolaus Fleischhacker, Geschäftsführer und Inhaber von Oranier.
Die Wurzeln des Unternehmens reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück. Schnell entwickelten die Hessen Heizöfen, auf denen auch gekocht werden konnte. Bis heute sind Öfen im Sortiment. Hier ist man nach eigenen Angaben sogar deutschlandweiter Marktführer. Zwei Drittel des Umsatzes generiert die Firma mit Heiztechnik. Oranier erwirtschaftete letztes Jahr knapp 80 Mio Euro Umsatz, knapp 27 Mio Euro Umsatz machte also die Küchensparte. „Das war auch schon einmal fifty-fifty. Allerdings ist momentan die Nachfrage nach Öfen noch stärker als die nach Küchengeräten“, sagt Fleischhacker. In Haiger ist man, das betont Fleischhacker, nicht auf kurzfristige Optimierung der Gewinne aus. Wichtiger sei es, auch in fünf Jahren erfolgreich zu wirtschaften. Da sieht sich Oranier auf einem guten Weg. „Wir haben uns im letzten Jahr über ein Plus von über 30 Prozent bei der Sparte Küche gefreut“, sagt Vertriebsleiter und Prokurist Sinisa Stanimirovic, der bei Oranier für das Thema Küche zuständig ist. Und Fleischhacker: „Im letzten Monat hatten wir den größten Auftragseingang in der Unternehmensgeschichte. Das hängt eben stark damit zusammen, dass wir lieferfähig sind.“ 70 Personen arbeiten bei Oranier in der Küchensparte. Insgesamt beschäftigt Fleischhacker 130 Mitarbeiter.
Nikolaus Fleischhacker ist seit 1994 an Bord. Damals kaufte er das Unternehmen aus der Insolvenz. Sein italienischer Geschäftspartner ist inzwischen wieder ausgeschieden; Fleisch hacker ist heute alleiniger Gesellschafter. „Ich wollte schon immer unternehmerisch tätig sein. Das war meine Chance“, sagt der gebürtige Münchner. Bis 2008 entwickelte und baute Oranier noch alle Produkte in Deutschland. Dann änderte die Firma die Strategie: Die Entwicklung findet am Standort Haiger statt; 18 Personen sind dafür zuständig. Die Produktion übernehmen aber 20 Partnerunternehmen. Zehn für die Hausgeräte- und zehn für die Ofen-Produktion. Einer der Zulieferer ist E.G.O. aus Oberderdingen. Fleischhacker vergleicht seine Vorgehensweise mit der von Apple – designed by Apple in California, assembled in China. Ganz so abhängig von China in der Produktion sei Oranier aber nicht, sagt Fleischhacker. „Bis vor wenigen Jahren haben wir noch über 10 Prozent unserer Produkte in China fertigen lassen, aber die Transportkosten sind explodiert. Das war zu teuer“, so Fleischhacker. Sucht man im Netz nach Fleischhacker, findet man nur wenig Lesestoff. Auch mit Presseveröffentlichungen ist man sparsam. Man wolle nicht zu viel Wind um das Unternehmen machen, heißt es in Haiger. Vertriebswege sind Großfläche ebenso wie Küchenstudios. Ausschließlich für die Fläche gibt es die Marke Dessauer. „VW hat Skoda, wir haben Dessauer“, sagt Fleischhacker. Oranier hat 2.500 Handelspartner. Mit 1.500 davon macht man relevante Umsätze. „Jeder unserer zwölf Außendienstmitarbeiter betreut gut 200 Kunden“, erzählt Vertriebschef Stanimirovic. Der Exportanteil ist mit 15 Prozent vergleichsweise gering. Frankreich und Österreich sind in Haiger die internationalen Key-Märkte.
Bleibt die Frage: Wie kann es sein, dass ein Großteil der Hausgeräte- Branche mit Lieferproblemen kämpft und Oranier als Vollsortimenter fast alle Produkte innerhalb einer Woche liefern kann? „Wir haben hier am Standort ein 30.000 qm großes Lager. Das ist voll. Von hier aus beliefern wir unsere 17 Hubs. Und wir haben die Lieferketten nicht unterbrochen“, sagt Fleischhacker. Dass seine Mitbewerber immer wieder von Lieferproblemen geplagt sind, sieht er als große Chance für sein Unternehmen. „Der Handel und der Endkunde werden immer vertrauter mit Oranier.“ Preislich sieht Oranier sich in der „konsumigen Mitte“ positioniert – kein Premium, aber von guter Qualität. Die meisten Küchen mit Oranier-Geräten haben einen Verkaufswert zwischen 6.000 und 15.000 Euro. In allen Partner-Produktions-Unternehmen habe er Mitarbeiter für die Qualitätsprüfung fest installiert, sagt Fleischhacker. Und weil Oranier so zuverlässig liefere, rücke die Marke immer stärker in den Fokus der Händler. Um einen Teuerungszuschlag wird auch Oranier angesichts der Kostenentwicklung nicht mehr herumkommen. „Im Juni steht eine Preiserhöhung zwischen 3 und 5 Prozent an“, sagt Fleischhacker. Die größte Herausforderung sieht das Unternehmen in der Warenbeschaffung und in der Energieversorgung.
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