Chainable

Kitchen-as-a-Service

06. Oktober 2021, 10:40

In den Niederlanden betreibt das gleichnamige Nachhaltigkeitsnetzwerk „Urban Mining“ von Rohstoffen und erfindet dazu das passende Geschäftsmodell. Mit im Boot: Unilin, Kingspan und der neue Küchenhersteller Chainable.

Wer im 21. Jahrhundert etwas schürft, ist entweder im Bergoder Tagebau tätig, oder produziert in einer Server-Farm – unter zumeist exorbitant hohem Energieaufwand – digitale Güter wie Kryptowährungen oder andere Blockchain-Anwendungen. In den Niederlanden schürfen sie nun auch Rohstoffe in den Innenstädten – und haben Kitchen-as-a-Service im Programm.

Das 2015 von Michel Baars gegründete Unternehmen New Horizon aus dem in Noord-Brabant gelegenen Städtchen Geertruidenberg setzt auf die kreislaufwirtschaftsmäßige Nutzung vorhandener Ressourcen im Bereich Architektur, Bau und Innenausstattung und hat dazu das Netzwerk „Urban Mining“ gegründet, das sich dem „städtischen Bergbau“ widmet . Inzwischen gibt es 42 strategische Partnerschaften und 27 namentlich genannte Partner. Dabei sind Baufirmen, Architektur- und Designbüros, die Bank ABN Amro, Immobilienträger; aber auch Spanplatten- und MDF-Experte Unilin und der Baustoff- und Dämmstoff-Konzern Kingspan sowie Armaturenhersteller Grohe und die BSH.

Der Küchenhersteller Chainable ist Teil des Netzwerks. Und der setzt auf Kitchen as-a-Service als nachhaltigen Ansatz. Analog zu Software-as a-Service (SaaS) kaufen Nutzer kein Produkt, sondern eine Dienstleistung samt Wartung. Die Vorteile für Endkunden liegen auf der Hand: absolut kein Stress mit Auswahl von Küche und Geräten, sofortiger Ersatz oder ein technisches Upgrade durch den Dienstleister, Reklamationen gehören ebenfalls der Vergangenheit an. Für Anbieter Chainable – der das Wortspiel aus Kette und Nachhaltigkeit bereits im Namen trägt – ist jeder neue Kunde automatisch auch ein Stammkunde. Zwei Jahre Vorarbeit Die Idee zu Chainable hatte Gründer und COO Cees van Nispen, als er nach Jahren im Baustoff- und Küchenhandel feststellte: „Inzwischen ist es ja schon Standard, Küchen nach 15 Jahren als Abfall zu entsorgen.“ Das erinnerte ihn an seinen Vater Cor, der ihn in den 1950ern schon mal mit „auf die Bahn“ nahm – auf seine Touren als Milchmann. Damals wurden die Milchflaschen wieder abgeholt und erneut genutzt.

„Weltweit landen pro Jahr 2 Mrd Tonnen Abfall auf den Deponien. Und allein im Vermiet-Sektor fallen in den Niederlanden jährlich 40.000 Tonnen an Haushaltsabfall an, die entsorgt werden. Alle 20 Jahre wird eine Küche aus einer Mietwohnung herausgerissen,. Das sind 3,3 Mio Küchen in 20 Jahren, die komplett auf dem Müll landen. Cor hätte uns alle für verrückt gehalten und uns vorgehalten: ‚Was für eine Kapital- und Materialverschwendung‘.“ Er sei überzeugt, dass es anders gehen kann, bei Müllvermeidung wie der Entsorgung. Seit 2018 arbeitete van Nispen an einem Konzept, seit 2020 bietet Chainable Kitchen-as-a-Service an.

Die beiden Mit-Gründer Jordy van Osch (CTO) und Simon Rombouts (CEO) brachten ihre Expertise aus den Bereichen Industrieökologie, Supply Chain Management und Kreislaufwirtschaft mit ein. Bestandteil jeder Küche ist ein Stahlrahmen-Gerüst, das laut Hersteller 60 Jahre nutzbar ist, bevor es recycelt werden muss. Am Rahmen sind Schubladenführungen und Scharniere montiert, in die Schubladen und Türen eingeklickt werden können. Damit die Küche einer Standardküche in nichts nachsteht, werden auch Abstandshalter und Seitenwände in den Rahmen eingebracht. Und so sieht das dann in der Praxis aus. Ende Juni, im nordbrabantischen Helmond. In einer Straße werden mehrere schmucke Reihenhäuser renoviert. Fünf Arbeiter entsorgen die Küchen in Containern. Deren Inhalt landet teilweise zunächst beim Holzwerkstoff- und Bauelemente-Spezialisten Unilin, der die Holzabfälle bei einem lokalen Recyclingbetrieb zu Holzspänen zerkleinert, bevor diese – nun zurück in Oostrozebeke – bei Unilin gereinigt und zu neuen Platten weiterverarbeitet werden. Entsprechend werden andere Rohstoffe recycelt und wieder in den Kreislauf eingeführt. Unilin ist seit zwei Jahren Projektpartner und bietet diese Platten auch für andere Industriekunden an. Bislang wendet sich Chainable mit seinem Geschäftsmodell speziell an Wohnungsbaugesellschaften und institutionelle Investoren. Die modulare Küche, die weniger Material für Platten und Co. benötigt, und bei der die jeweils energieeffizientesten E-Geräte eingebaut werden, soll weiterentwickelt werden, um Abfallvermeidung auch auf anderen Ebenen zu bringen. Weltweit arbeiten auch große Hersteller wie Miele an ähnlichen Konzepten. Längere Haltbarkeit von Lebensmitteln mit kaum energie- oder wasserverbrauchenden Technologien und das neue Geschäftsfeld des Vertical Farmings (bei Miele durch deren Tochter Agrilution, siehe INSIDE Spezial Neue Ideen 2 von Januar 2021) zeigen, wohin die Reise geht. „Sehr, sehr spannend“, nennt das etwa Markus Miele, der dem INSIDE bestätigt, dass man auch bei Miele über Kitchen- as-a-Service nachdenkt.

 

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