Baumann Group

„In teure Dinge investieren“

06. September 2021, 13:25
Delf Baumann

Seit dem letzten Sommer ist die Baumann Group ein klimapositives Unternehmen. Inhaber Delf Baumann hat Feuer gefangen. Er treibt das Thema Klimaschutz in Löhne - aber auch privat - mit täglich neuen Ideen voran. Seine Vision: Eine Branchenlösung.

Dass die Baumann-Gruppe sich als klimapositiv bezeichnen kann, geht natürlich auf Kompensationsmaßnahmen zurück. Und von denen war Delf Baumann ursprünglich gar kein Freund.

Baumann: „Ich hatte mich mit Kompensationsmaßnahmen früher nicht beschäftigt. Es klang sehr nach Greenwashing. Nachdem ich es mir näher angeschaut hatte, habe ich verstanden: Klimasinnvolle Dinge umzusetzen kostet viel Geld. Mit der gleichen Summe kann man an anderen Stellen der Welt sehr viel mehr erreichen.“ Heißt: Mit einer Investition in Uganda zum Beispiel lassen sich mehr CO2-Emissionen einsparen als mit einer Aufforstungsaktion im Schwarzwald. Hinzu kommt, so Baumann: „Klima ist kein deutsches Thema, sondern ein globales.“

Um die Sinnhaftigkeit von Kompensationsmaßnahmen zu verstehen hat Baumann sich - wie auch andere in der Branche - von der Organisation Fokus Zukunft mit Sitz in Berg am Starnberger See beraten lassen. Über Fokus Zukunft hat die Baumann Group schließlich Klimaschutzzertifikate gekauft. Dabei kann man aus international anerkannten Klimaschutzprojekten auswählen, die nach drei unterschiedlichen Standards zertifiziert sind (CER, VCS oder Gold Standard/WWF). Baumann entschied sich unter anderem für ein Projekt in Uruguay, das gut 21.000 Hektar Land umfasst. Früher wurde dieses Land von Fleischrindern beweidet, im Rahmen des Projekts wurde die Fläche in Eukalyptusplantagen umgewandelt. Das Plantagenholz wird für Furnier- und Sägeholz verwendet und der Anbau bindet CO2. Jährlich werden dadurch 127.416 Tonnen CO2 weniger emittiert.

Seit Ende letzten Jahres gehören die Gruppenunternehmen Bauformat und Burger auch zur zunehmenden Zahl der von der Deutschen Gütegemeinschaft Möbel zertifizierten klimaneutralen Möbelhersteller, wobei die Gruppe den jährlichen CO2-Fußabdruck von 9.200 Tonnen in den Jahren 2020 bis 2022 mehr als vollständig kompensiert, also sogar klimapositiv ist. Warum sie sich in Löhne entschlossen haben, den CO2-Ausstoß gleich über zu kompensieren, erklärt Baumann so: „Ich war erschrocken, mit wie wenig Geld man Klimaneutralität erwerben kann. Gleichzeitig war ich natürlich auch erfreut. In Gedanken hatte ich viel mehr Budget veranschlagt und dann auch eingesetzt.“ Nur zur Einordnung: Den CO2-Abdruck eines Unternehmens in der Größenordnung der Baumann Group auszugleichen, kostet um die 70.000 Euro im Jahr.

„Ein Projekt wie das in Uruguay bringt für das Klima mehr, als wenn man ein paar Dienstwagen auf Hybrid umstellt“, sagt Baumann. „Natürlich ist Vermeiden das Sinnvollste. Aber jeder Euro, den ich in die Vermeidung vor Ort stecke, kann durch Maßnahmen woanders effektiver eingesetzt werden.“ Der Haken an den Kompensationsmaßnahmen: Für die Menschen hierzulande sind natürlich Investitionen vor Ort deutlich besser greifbar. Baumann: „Gegenüber Endverbrauchern kann man schlecht kommunizieren, dass man - überspitzt gesagt - zu Hause eine Drecksschleuder ist und stattdessen in Uruguay Wald aufforstet. Es braucht auch lokale Projekte, auch um Mitarbeiter mitzunehmen und zu begeistern. Solarflächen auf dem Dach zum Beispiel sind sichtbar oder Blühwiesen für Bienen.“ Auch lokal setzten sich die Gruppenunternehmen also für Nachhaltigkeitsprojekte ein, sparen Papier in der Verwaltung, setzen emissionsarme Lacke und Holzwerkstoffe ein und solche aus nachhaltiger Forstwirtschaft, recyceln Verpackung, planen die Strecken klimaschonend und mit einer Euro-6-LKW-Flotte.

So richtig begeistert, das ist im Gespräch deutlich zu spüren, hat Delf Baumann aber das Thema mit den CO2-Zertifikaten. Baumann hat kurzerhand seine vierköpfige Familie als klimaneutral zertifzieren lassen, nachdem die etwas ungewöhnliche Anfrage abgeklärt werden konnte, ob Fokus Zukunft auch Privatpersonen zertifiziert. „Wir sind jetzt die erste klimaneutrale Familie“, sagt Baumann und hält die Urkunde in die Webcam. 100 qm Moorfläche wurden dafür renaturiert.

Als nächstes möchte er die Idee einer klimaneutralen Belegschaft umsetzen. Mit zwölf Zertifikaten pro Jahr und Person wäre das machbar. Baumann versucht, seine Mitarbeiter dafür zu begeistern und will das auch finanziell unterstützen. Und weil Nachhaltigkeit und Mitarbeiterförderung sich nicht auf Naturschutz allein bezieht, soll - voraussichtlich zur Hausmesse - ein „Ausbildungstopf“ eingerichtet werden, aus dem der Küchenbauer die Kinder von Mitarbeitern bei Bedarf fördert, beispielsweise den Besuch eines Musikkurses finanziert.

„Mir gehen jeden Tag neue Ideen durch den Kopf“, sagt Baumann. Eine davon ist auch eine Brancheninitiative zum Thema Klimaschutz. „Wie wäre es denn, wenn wir als Küchenhersteller uns zusammenschließen und einen Rohstofflieferanten in eine andere Richtung bringen? Wir brauchen Holz, wir brauchen Stahl. Dort ließe sich viel bewegen.“ Und gemeinsam, meint Baumann, könnte man diese Initiative vielleicht sogar im Marketing nutzen.

Baumann selbst hat sich aber vorgenommen, nicht nur die Initiative zu ergreifen, wenn es für ihn selbst oder sein Unternehmen einen direkten Nutzen hat: „Es ist meine Pflicht auch so etwas zu tun. Als Unternehmer muss ich mit meinem Geld etwas Sinnvolles anstellen. Die Kosten kann ich auch als Privatmann tragen statt mir Oldtimer zu kaufen.“ Vor diesem Hintergrund steht Baumann in Kontakt mit Start-ups, die beispielsweise an Speichermöglichkeiten für erneuerbare Energien arbeiten. Dass er damit möglicherweise kein Geld verdienen wird, nimmt er in Kauf: „Photovoltaik ist das Thema der Zukunft. Aber wenn keiner das Thema Speichern der Energie vorantreibt, wird es nie billiger. Wir müssen in teure Dinge investieren, damit sie nicht Luxus bleiben.“

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