Im nord-nordfriesischen Niebüll hat Holger Schensar vor etwa eineinhalb Jahren ein Küchentreff-Studio eröffnet. Als Fachmann für ökologisches Bauen legte Schensar schon bei der Einrichtung besonderen Wert auf Nachhaltigkeitskriterien. Teil seines Business‘ ist ein eigener Online-Shop für Dekoartikel, mit dem er schon auf fünfstellige Umsätze kommt.
Mit 58 Jahren ist Schensar (erneut) Existenzgründer. Neuland ist das Küchengeschäft für ihn nicht - obwohl er, wie er sagt, „nicht klassisch aus der Küche“ kommt. Der gelernte Raumausstatter war 30 Jahre lang in Führungspositionen in der Baumarktbranche tätig und auch Unternehmensberater.
Ins schleswig-holsteinische Niebüll kam Schensar über ein Beratungsprojekt. Er wechselte in die Geschäftsführung des beratenen Unternehmens und machte sich selbstständig, als die Firma schließlich verkauft wurde - unter anderem mit einem Online-Shop, später mit dem Küchenstudio.
Am Standort des Küchentreff Niebüll hatte schon früher ein Küchenstudio existiert, das vor rund zweieinhalb Jahren altersbedingt geschlossen wurde. Schensars Potenzialanalyse des Küchenmarkts vor Ort ergab: Bedarf ist da, bis hin nach Dänemark. In der Umgebung befindet sich etwa eine Handvoll Wettbewerber, in erster Linie Studios und Möbel-Mittelständler.
Für Küchentreff als Verband entschied Schensar sich spontan, nachdem ein Bekannter den Kontakt hergestellt hatte. „Es hat sofort gepasst“, sagt er. Als Holz-Lieferanten wählte er gemeinsam mit einem Mitarbeiter, der langjährige Küchen-Erfahrung hat, neben Häcker und Nobilia auch Artego und Pino. Ein Teil des Bedarfs vor Ort kommt über Ferienwohnungen. Da muss man schnell sein, was für Pino als Lieferanten sprach, erklärt Schensar.
Eine echte Besonderheit unter den 15 Ausstellungsküchen ist eine von einem befreundeten Tischlermeister gefertigte Küche aus 180 Jahre altem, liebevoll bearbeitetem Altholz. Nur der Korpus kommt von Nobilia. Jede dieser Altholzküchen ist ein Unikat, das hat seinen Preis: Pro Laufmeter Fertigung (noch ohne Materialkosten) müssen 3.000 Euro angelegt werden. Die in Niebüll platzierte Musterküche kostet inklusive Geräte 30.000 Euro.
Kontakte zu Lieferanten von Dekoartikeln und Haushaltswaren, über die Schensar aus seiner Vergangenheit im Handel verfügt, kann er auch in seinem heutigen Geschäft nutzen. „Alle Dekoartikel im Studio sind auch zum Verkauf“, sagt er. Und werden darüber hinaus im eigenen Onlineshop angeboten, mit dem bereits ein Umsatz im fünfstelligen Bereich erzielt wird. Die Produkte verkauft er, wie er sagt, „locker mit 60er Spanne“. „Wir liegen mit der Ware völlig außerhalb des Preisvergleichs und richten uns bei den Preisen nach den Herstellerempfehlungen.“
In Zeiten des Lockdowns engagierte Schensar sich in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung als Projektleiter für ein regionales Schaufenster mit Online-Shop. Die Plattform stellt der Dienstleister Atalanda, rund 150 Unternehmen schlossen sich an. Der Slogan: „Unsere Heimat online, Nord-Nordfriesland im Netz“ - bestellt wird aber bis aus Bayern.
Zum Thema Nachhaltigkeit als Grundlage kam Holger Schensar seinerzeit als Marktleiter der Obi-Filiale in Hamm. In Hamm eröffnete Obi damals den ersten ökologisch ausgerichteten Baumarkt in Europa. Für dieses Projekt wurde Obi-Mitgründer Manfred Maus 1998 zum Ökomanager des Jahres ausgezeichnet, zur Eröffnung kamen NRW-Ministerpräsident und Umweltminister, großer Bahnhof. Die negative Seite des Brimboriums bekamen damals Schensar und seine Mitarbeiter zu spüren: Die Kunden kamen hoch informiert in den Markt, waren teilweise besser im Bild als die Mitarbeiter. „Wir haben das anfangs etwas unterschätzt“, sagt Schensar heute. „Doch wir konnten daran reifen.“
30 Mitarbeiter inklusive ihm selbst haben sich zur Fachkraft für ökologisches Bauen weiterbilden lassen. Aus der damaligen Erfahrung sagt Schensar jetzt: „Wenn man bei so einem Konzept mitmacht, muss es glaubwürdig sein. Mit dem Tausch von Glühbirnen gegen ein paar LED-Leuchten ist es nicht getan. Es muss alles passen.“ Sein Küchenstudio hat er nach diesem Vorsatz geplant. Drei Musterkojen wurden mit Naturbaustoffen gestaltet, um mögliche Alternativen zu zeigen, die nicht unbedingt teurer sein müssen. Es kamen Putze von der Firma Kreidezeit zum Einsatz und ein Natursteinboden. Bei vielen Küchen bietet Küchentreff Niebüll Eiche-Massivholz-Arbeitsplatten zum Preis von herkömmlichen Arbeitsplatten an, selbst massive Nischenrückwände gehören zum Angebot. Das spricht sich rum und wird auch gezielt nachgefragt.
Weitere Punkte: Fürs Aufmaß reisen die Mitarbeiter auch mal mit dem Radel an, und auf dem Dach ist eine Photovoltaikanlage - das sei so üblich in der Region, erklärt Schensar. Für die Mülltrennung gibt es im Hof sieben verschiedene Tonnen. „Alles wird hier so vorbereitet, dass es in den Recyclingprozess zurückgeführt werden kann“, erklärt Schensar. Positiver Nebeneffekt: Die Entsorgung wird dadurch billiger.
Als aus der Küchentreff-Zentrale die Idee einer Kooperation mit Grünergriff, der Nachhaltigkeitsinitiative für den Küchen- und Möbelhandel vorgebracht wurde, war Schensar nicht gleich Feuer und Flamme. Er mahnte: „Wenn man Dinge nach außen trägt, sollten sie auch glaubwürdig sein.“ Dass das bei der Qualifizierung durch Grünergriff der Fall ist, überzeugte ihn letztlich, so dass der Küchentreff Niebüll einer der ersten Grünergriff-Händler wurde.
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